Sonntag, 29. November 2015

Action Held Franziskus


Video der Woche

Eine Lektion in Humor...


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Diese Video-Kampagne stammt vom Observatório do Clima, einem NGO-Netzwerk aus Brasilien zum Thema Klimawandel. Diese Woche verhandeln ja beim COP21 in Paris die Mächtigen der Welt über nichts weniger als das Schicksal und die Zukunft der Menschheit - also den Klimawandel. Alle Augen der Weltöffentlichkeit sehen gebannt zu, denn sie planen dort, eine Lösung zu finden....HALT! STOP!
Jetzt noch NICHT lachen, das war keine Pointe, das meinen die wirklich..
Natürlich wird das in einem Witz und einer Farce enden, sag ich mal, aber trotzdem, bitte etwas Respekt dem heeren Anliegen, ja?

Oder nicht? Der Videoclip mit Rambo Franziskus pfeift auf Respekt. Er setzt ganz auf Humor und der besteht hier hauptsächlich in der Grenzüberschreitung - für die gute Sache: Perfekt getimt (ZEIT)  kommt nämlich genau jetzt die neue Enzyklika "Laudato Si" des Papstes heraus - zum Thema Klimawandel.

Heute geht es aber nicht um Kampagnen-Timing sondern um Humor. Spiegel online ist beim Fundraising überzeugt: Mitleid ist OUT - bleiben noch Ironie und Fun.

Einen Witz er-finden...oder einfach nur "finden"?


Wie finde ich eine witzige Filmidee? Die muss einem gar nicht einfallen, nur auffallen. Das Leben um uns herum bietet dazu genug Stoff. Worüber lachen wir im echten Leben? Was ärgert uns so, dass wir mit Ironie und Zynismus darauf reagieren? Das ist der Stoff aus dem man seine witzigen Einfälle bezieht.

5 Schritte zur witzigen Idee


  1. Wann lachst Du und worüber? Nimm das als Beispiel. 
  2. Grenzüberschreitung ausprobieren: Das kann Übertreibung sein (Franziskus als Actionheld), Ironie (Bitte rettet die verarmte Ölindustrie vor den bösen Gutmenschen), Respektlosigkeit & Tabubrüche usw. usw. 
  3. Protagonisten wählen: Wer tut was mit wem - gute Protagonisten eines Comedy Clips können Vertreter der Zielgruppe oder der Antagonisten sein, oder man selber (Comedian, der über eigene Erfahrungen spricht, funktioniert oft sehr sehr gut) 
  4. Story entwickeln: Regel der 3 / Dramaturgische Steigerung / Überraschende Wendung (sehr viele Witze haben genau das).
  5. Timing: Jede Pointe lebt vom guten Timing: Nicht zu lange (der Zuschauer investiert Zeit), aber auch nicht so kurz, dass keine Spannung aufgebaut werden kann.
Und noch was. Humor ist individuell, kein Video kann ALLE zum Lachen bringen, das ist einfach unmöglich. Einen Testlauf bei der gewünschten Zielgruppe würde ich aber unbedingt empfehlen. 

Von den Meistern lernen!


Im Film gibt es drei unerreichte Meister der Comedy. Chaplin, Lloyd ...und Buster Keaton (mein Vorbild). Hier eine Lektion über Humor im Film: 

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Sonntag, 22. November 2015

Einzigartiges Video - alles passiert im Kopf.


Video der Woche

Ein Video aus Dänemark zur Straßensicherheit...mehr sag ich nicht:


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Ganz leise, dieser Clip. Und es passiert nix! Ganz genau. Außer im Kopf des Vaters am Steuer...und dann auch in unserem Kopf. Und es ist trotzdem sooooo spannend, oder?

Dramaturgische Lerneinheit. Antiklimax


Video der Woche ist es, weil hier der Antiklimax in Reinform zu sehen ist (in 40 Sekunden!): Alle Elemente lassen eine Katastrophe erwarten, die dann bewusst nicht bedient wird. Die wegspringende Plastikflasche unter den Reifen ist Foreshadowing pur. Wäre der Unfall geschehehen, hätten wir die Schultern gezuckt..."war ja klar". Aber hier ist das Nicht-Ereigniss zur überraschenden Wendung geworden, die meine treuen Leserinnen und Leser inzwischen hoffentlich im Blut haben.

Und darin eingewickelt natürlich die Botschaft: Ja, Du ärgerst Dich darüber, wenn Du geblitzt wirst, aber Du hast auch ein Kind, oder? Also....besser es passiert nicht.

Das traurige Gegenbeispiel


Leider sind fast alle Kampagnen zur Straßensicherheit grot-ten-laaaaangweilig. Weil blut-triefend und vorhersehbar. Man meint immer noch, Abschreckung sei die beste Erziehungsmethode. Hallo an die Steinzeit: Das war noch nie so! (Sagt die Wissenschaft)
Kleines Bonbon: Der folgende Videoclip hat traurige Anti-Berühmtheit erworben (5 Millionen Clicks), weil er genau das ist: Trashig und ungewollt komisch.


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Ganz ehrlich, die gequetschten Kinder-"Leichen" erinnern eher an billige 80er Jahre Splatter-Movies, und der ungemein spannende Junge mit Auto (Forshadowing), der junge Mann in Eile (Forshadowing) usw...das ist wieder so schlecht gemacht, dass die Leute es deswegen geteilt haben. Ihr glaubt mir nicht?-Nun, so wird es in Blogs herumgereicht (auch heute hier) - warum sind wohl die Kommentare zu dem Video deaktiviert, hm?

Zum Trost - etwas Humor hat noch nie geschadet


Damit es jetzt nicht ganz so frustrierend aufhört, zum Schluss noch ein Positiv-Beispiel der anderen Art, diesmal aus der Schweiz:

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Und damit einen schönen Start in die Woche. Fahrt vorsichtig, es ist glatt!

Sonntag, 15. November 2015

Plan B - Eltern


Video der Woche

Warum Plan B? Hier die Auflösung. Wobei auch Plan C echt was für sich hat:


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Ja, ihr lieben Videomacher für die gute Sache, erneut haben wir einen Klassiker in guter Dramaturgie vor uns. Die goldene Regel der drei guten Dinge / Steigerung / Dramaturgische Wende und der gesunde Humor - alles da. Alles gut ausgeführt.

Doch Video der Woche ist es aus anderem Grund geworden: Weil es eine perfekte Türschwellen-Motivation vermittelt.

Türschwellen - Motivation


Immer wieder predige ich meinen Kunden: Video ist KEIN Allround-Alleskönner-Tool, weder im Marketing, noch im Fundraising. Es hat Stärken, aber es ist eben nur ein Baustein. Hallo, Ihr Hübschen - so ein Video läuft grad mal 1 bis 2 Minuten. Man kann es 1 Millionen mal verteilen ohne Mehrkosten, ja, aber den einzelnen Zuschauer erreicht es genau EIN MAL, und den sollen dann 60 Sekunden dazu bringen, bei Euch Mitglied zu werden, oder für Euch zu spenden? So ein Unsinn.

Die Stärke von Videos ist diese: Videos können Menschen über eine Schwelle bringen - um z.B. auf den Button "Mehr lesen" zu klicken, oder mal den Schritt zur Kontaktaufnahme zu wagen. Dafür sind sie geradezu perfekt, denn sie können sehr gut Emotionen transportieren - oder auf sie reagieren.


Zwei Emotionen - ach - in meiner Brust!


Die Zielgruppe hier sind Eltern, die schon über Adoption nachdenken. Sie stehen auf dem Sprung, aber sie scheuen sich. Zwei Emotionen bestimmen ihre Lage: 1) Sie wollen gerne Eltern sein - denn die Liebe eines Kindes ist mit nichts vergleichbar. - und 2) Sie haben Sorge, denn sie wollen gerne gute Eltern sein. Und wer ist das schon? Oder weiß es vorher?

Auf beide Emotionen zielt das Video. 1) Es besänftigt Ängste - "man muss nicht perfekt sein" - und 2.) es verstärkt die Motivation: "ein Moment wie dieser BRAUCHT elterlichen Beistand! Dafür werdet Ihr geliebt werden."

Ein gutes NonProfit-Video ist immer ein gutes Türschwellenvideo.

Sonntag, 8. November 2015

Blick in die Zukunft Deutschlands


Video der Woche

Aktuell in aller Munde: Die Flüchtlingskrise. Moment....Krise? Wieso nicht Chance?



Flüchtlinge in Deutschland - Was wird aus ihnen?
Flüchtlinge in Deutschland – was wird aus ihnen?
Posted by Caritas Deutschland on Mittwoch, 21. Oktober 2015
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Inhaltlich total überzeugend: Gegen Ängste einfach mal Chancen setzen, mit diesem erfolgreichen Blick in die Zukunft - von dem ich auch sachlich überzeugt bin, und mir mir so ziemlich alle Wirtschaftsverbände der Republik - aber das nur nebenbei...

Der virale Erfolg dieser Fotoanimation kam für die Caritas unerwartet. Fast 2 Millionen Videoabrufe seit Ende Oktober, 80.000 Likes, 11.000 Kommentare.

Marc Boos von der Online Redaktion der Caritas:
Wir mussten mehr als eine Woche lang einen Schichtdienst (auch am WE) einrichten um die Kommentare zu moderieren. 
Sicher kein leichtes Unterfangen. Denn wie überall: Die Trolle kommen bei solchen Reizthemen in Schwärmen, um ihren Brei von sich zu gegeben...aber die Zustimmung war natürlich bei weitem höher. Auch das wie überall.  Man braucht aber ein gutes Standing, eine gewisse manpower/womanpower, um da durchzukommen. Und ein Social Media Community Tool. Caritas verwendet Falcon Social, das auch Youtube kann, aber teuer ist, ein günstigeres wäre Some.io.

Die Fotoreportage "Humans of Lageso" von Fotograf Timo Stammberger ist natürlich ein heißes Eisen, aber hallo. Einer Berliner Agentur hatte pro bono die Fotos zu einer Fotoshow mit Perspektiven-Animation umgewandelt: Personen ausschneiden, Hintergrund leicht unscharf setzen, beides dann leicht gegeneinander bewegen lassen - und schon hat es Videocharakter. Nicht sehr aufwendig, aber sieht sehr viel lebendiger aus. Das ist einfach keine Slideshow mehr, eher ein Video.

Wir lernen


  1. Relevanz ist ein guter Nährboden für virale Erfolge. Es gibt einfach manchmal genau den richtigen Zeitpunkt.  Rettung der Süßwasserdelphine im Amazonas? Hat derzeit beim Flüchtlingshype in deutschen Medien nicht so gute Voraussetzungen.
  2. Videoanimationen aus Fotos können wie hochwertige Videos wirken. Gute Fotos sind lange nicht so schwer zu erstellen, wie vergleichbar gute Videos.
  3. Viraler Erfolg ist einfach nicht planbar. Die Caritas ist sicher kein Newcommer in der NGO-Kommunikation, doch es hat sie schon überrascht. 
  4. Heiße Eisen aufgreifen. Oh ja. Mit einer guten Portion Gelassenheit natürlich. Aber kontroverse Themen sind der Sprit, der einen viralen Motor antreibt, ganz besonders bei Videos. 




Sonntag, 1. November 2015

Blechkisten-Funvideo aus Madrid


Video der Woche

Das spanische Verkehrsministerium verlost Fahrräder...und wirbt für ihre Kampagnenwebseite zum Umstieg auf Rad / Öffentliche mit diesem herrlichen TV- und Online-Spot:


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Habe es diesmal zum Video der Woche gekürt, weil es gleich drei Elemente guter Videodramaturgie in sich vereint:
1) Wiederholung & Steigerung - der Running Gag ist erst durch die andauernde Wiederholung und Steigerung so lustig.
2) Absurdität - am Ende hat unser Mann drei Fäuste und es rennen Strauße durch's Bild. In Madrid. Wer kommt auf solch geniale Ideen? Nur, wer sich traut, Grenzen der Normalität hinter sich zu lassen. Und nur das hat auch online eine Chance auf Verbreitung.
3) Humor, Humor, Humor!

Kann man nicht genug sagen. Abgesehen davon ist es perfekt auf das Zielpublikum abgestimmt. Wir alle, die hinter einem Steuer zur Arbeit fahren, kennen genau diese Situationen.

Wie gesagt: Ein Lehrstück guter Videodramaturgie. Und das von einer Staatlichen Stelle - hier noch mehr davon: