Dienstag, 26. Mai 2015

Blutende Fußballfans!


Video der Woche

Der Weg zum Spenden führt immer über die emotionale Verbindung. Hier das Case-Study Video einer brillianten Kampagne der Blutspende-Stiftung Hemoba aus Brasilien, Meu Sangue é Rubro-Negro" - wer kein Portugiesisch kann: "Mein Blut ist Rot und Schwarz":

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WOFÜR WÜRDEN UNSERE SPENDER BLUTEN?
das ist doch mal ein schöner Merksatz, oder?

In Marketing-Deutsch: Das Wichtigste, was ein Spendensammler wissen sollte, ist das, was seinen Spendern am wichtigsten ist!...Aber der  Satz mit dem Blut gefällt mir besser.

Wie kommt Video hier in's Spiel? Ganz einfach: Im Seeding. Also in der Verbreitung der Kampagne, die ja an sich eine Offline-Aktion ist.

Drei Bewegtbild-Kanäle wurden dazu verwendet und zwei davon waren "kostenlos":

1) VIDEOPOSTS von Manschaftsmigliedern und Supporter 
Sie posteten Statements zur Kampagne. Nr. Drei, Baía Tihuana, ist eigentlich Sänger einer New-Metal Band:


2) Medienberichte der TV-Anstalten
Brasilien ist eine Fußballnation. Wenn der Libero des FC Vitoria einen Pickel hat, kommt das in den Nachrichten noch vor den Berichten über die aktuellen Bandenkriege in São Paulo. Ganz anders als z.B. bei uns...ähm, oder? Jedenfalls sind die Statements oben sowie die Pressemeldungen natürlich für Sender und Online-Plattformen ein gefundenes Fressen. Auch sei wollen ja Zuschauerzahlen erreichen.

3) Ein eigener kurzer Online-Werbeclip:

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Der Clip ist wirklich einfach gestrickt - Teilnehmer meines Workshops auf dem Fundraisingkongress werden sich erinnern: Schon mit Wevideo.com kann man das online zusammenstellen, guten Sprecher dazu, Musik, ein paar Soundeffekte (die gibt's gratis und rechtefrei im Web) - fertig ist der emotionale Einheizer. Auch kein großes Geld nötig.

Manche bluten gern!


Kampagnenagentur Leo Burnet brachte noch EINE essentielle Zutat mit dazu: Pädagogen nennen es "Gamification" - Mach ein Spiel daraus, und schon wollen alle mitmachen. Hätten das meine Mathlehrer nur mal früher gemacht...viele langweilig Stunden wären mir erspart gebleiben, seufz. Blut spenden wurde hier zu einem Wettbewerb. Denkt mal an die Ice-Bucket Challenge.
Sogar Fans des Konkurrenz-Vereins Bahia spendeten Blut für Vitoria's Streifen...wenn das kein Erfolg ist, dann weiß ich nicht....

Und damit Euch einen schönen Dienstag

Montag, 18. Mai 2015

Listen sind IN!


Video der Woche

Eigentlich wollte ich schreiben: "Listen sind sexy" - das wäre aber hier völlig unpassend, denn diese Liste bringt uns Fakten über Menschenhandel. Und zwar die 25 heftigsten...

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Produzent dieser Liste ist trotz des Themas keine NGO, sondern ein auf Listen spezialisierter Web-Videokanal - list25.com

Listen sind neben Whiteboardanimationen eines der erfolgreichsten Factual-Formate, wer Online-Videos schaut, wird das bestätigten. Und so gaaaaanz langsam entdecken das auch manche NGO.

Warum funktionieren diese Formate so gut? Und besser als jede Doku?

Fakten oder Fun?


Video-Listen sind in Wirklichkeit gar kein Faktenformat. Sondern Unterhaltung. Die Fakten sind nicht die jeweils Bedeutsamsten, Wichtigsten, sondern die Unglaublichsten, Heftigsten, am stärksten Emotionalisierenden (ja ich weiß, schlechtes Deutsch, sorry). Das, was Leute am meisten überrascht und aufregt. Na und? Was ist ein Kampagnenclip denn anderes? Es geht hier nur um eines: Interesse wecken. Nicht um Wissensvermittlung.

Berg hoch macht am meisten Spaß


Listen sind dramaturgisch IMMER rückwärts aufgebaut, von der Hitparade bis zum Illuminati-Verschwörungs-Video...das Beste kommt immer zum Schluss. Menschen lieben es, wenn die Spannung steigt. Das weiß man doch aus dem Kino.

Ach übrigens - wer von Euch auf dem Fundraisingkongress 2015 in Berlin ist: Kommt in's KATERKINO - am 21.5., ab 9:30 Uhr zeige ich dort die Best-Off Auswahl der Videos der Woche 1:30h AM STÜCK!


Warum "Katerkino"?...naja, am Abend vorher ist die große Fundraiser-Gala.

Dienstag, 12. Mai 2015

Tinte des Todes


Video der Woche

Sie ist aus einem besonderen Stoff gebraut, diese Tinte,
...sehr makaber:

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Erinnert Ihr Euch an das "Smoking Kid" aus meinem Beitrag "Tabak nervt!" 2014?
Ja, Thailands Gesundheitsministerium hat wieder zugeschlagen.
Diesmal mit Tinte aus dem Teer von Lungenkrebs-Toten!
und DAS ist eine Story für die Medien.
und DAS wiederum ist der erfolgversprechendste Weg zur viralen Verbreitung.

Zu unserem Glück wurde diesmal Vimeo als Verbreitungs-Platform gewählt. Dort gibt es eine sehr hilfreiche Analysefunktion: Man kann unter "Top Url-Einbettungen" sehen, wer am häufigsten das Video auf seiner Webseite eingebettet hat - was eigentlich nur Medienplatformen tun:



Hln.be, dailydot und TrueActivist haben zusammen 1/3 aller Zuschauer beigesteuert.
Außerdem haben die Thailänder ihre Werbeagentur gewechselt, vielleicht weil Oligvy & Mater eine dunkle Seite haben? Sie arbeiten gleichzeitig für Asiens Tabakindustrie, buuuh.
Jedenfalls steckt diesmal BBDO dahinter....aber Moment...oh nein - die haben ja AUCH mit der Tabakindustrie zu tun. Grad eben haben sie einen Millionen-Etat für Davidoff, Gauloises, John Player Special, West (alles ITG) erhalten. Hmmm.

Naja, wer so viel verdient, kann sich eben auch ein paar Greenwashing-Projekte leisten (war bei ihren Vorgängern auch schon so). In Asien, wo sowieso alles günstiger ist.

Wie auch immer. Erfolg im Onlinebusiness zu haben, das heißt für Videos vor allem: Sie müssen für Multiplikatoren-Plattformen passen, "weird enough" sein. Wie etwa für - mit 37K Zuschauern - hln.be "Het laatste Nieuws", eine Art Belgischer Bild-Zeitung, oder dem daily dot, dem Werbeblättchen des Internets, oder dem "True Activist", quasi der Bild-Zeitung für NonProfits. Was eine Kampagne in Asien jetzt von solcher Verbreitung haben könnte...wer weiß, leben ja viele Thailänder in Brüssel, New York und London, oder?

Ach Mensch, harter Tobak und schmutzige Welt.
Schmutzig und verklebt ....wie mancher Leute Lungen.



Montag, 4. Mai 2015

Kauf einen Sklaven!


Video der Woche

Mal ein richtig waschechtes Fundraising-Tool..diese Box brachte vor kurzem auf dem Alex in Berlin die Leute zum Spenden. Ganz ohne jeden Dialoger oder Fundraiser...

Youtube Direktlink

Klar, dieses Social Experiment ist natürlich kein Devisenbringer, sondern es ging eindeutig um die Awareness. Aufgestellt wurde die Box von Fashion Revolution, einer UK-NGO mit Ablegern in fast 70 Ländern, u.a. eben auch Deutschland. Gegründet nach dem Zusammenbruch der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch, bei der fast 1000 "Niedriglohnarbeiter" zu Tode kamen.

Niedriglohnarbeiter? Meine Güte, manche Sklaven wurden besser behandelt - diese Textifabriken sind für die Armen in Asien das, was Hühnerfarmen für unsere Billig-Hähnchen sind: Erbarmungslose Massenbetriebe für Nutzvieh. Wer ein T-Shirt für 2,-€ kauft, der kauft einen Sklaven...gewissermaßen.

Social Experiment - gewusst wie!


Es gibt sie inzwischen wie Sand am Meer, die Sozial-Experimente - ich erinnere an Blut und Schande aus Indien. Aber deren Videos schaffen es nicht unbedingt in die Top der Klickzahlen. Dieses hier hat einige Elemente, mit denen das gelungen ist. Und zwar schlicht über den magischen Massenmedien-Beschleuniger. Kaum eine Redaktion, die nicht darüber berichtet hat, sei es RTLDer Stern, die Berliner Zeitung und viele, viele Blogger - auch international. Wie das geht? Ganz einfach (aber nicht ganz billig!)
  1. Macher der Kampagne war BBDO, eine der Top-Kreativ-Agenturen. Sie haben natürlich hervorragende Pressekontakte. Zumal wer Geld für diese Agenturgröße hat, hat auch Geld für eine Seeding-Kampagne und eine Pressekampagne dazu.
  2. Die Machart des Videos ist professionell, so gut, dass z.B. RTL das Material problemlos 1:1 übernommen hat (günstiger kommen sie nicht an einen "bunten" Bericht)
  3. Das Experiment ist gesellschaftsfähig, denn es trifft bei sehr vielen Menschen auf Zustimmung. Wer würde schon FÜR Sklavenhalter-ähnliche Arbeitsbedingungen sein?

Wirklich Viral?


Wie schon in 'Teilenswert im Fahrstuhl' beschrieben: Große Abrufzahlen sind noch nicht ein viraler Erfolg. Leider ist die Statistik für dieses Video deaktiviert worden (kein gutes Zeichen). Ein Blick auf die Kommentar-Zahlen jedoch zeigt lediglich knapp 3 Promille Interaktionen
Das ist jetzt eher wenig und deutet mehr auf einen "gekauften" Erfolg. Videos, die eine echte gesellschaftliche Debatte auslösen oder virale hohe Teilungsraten haben, animieren viel stärker zum Liken/Disliken und Kommentieren. Mindestens mal im einstelligen Prozentbereich. Dennoch: Die Kampagne hat alles zum viralen Erfolg - und: Viraler Erfolg ist auch nicht alles. Das einzige, was zählt ist nämlich am Ende wirklich nur der "Erfolg".  Und den kann man nicht abstreiten. Die Awareness wurde erreicht - sie das Medienecho!