Montag, 6. Oktober 2014

Tabak nervt!


Video der Woche

Schon mal auf einem Bahnsteig vollgequalmt worden? Passiert uns regelmäßig. Meine Frau wollte schon eine Wassers-Spritzpistole kaufen, so sauer war sie letztes Mal. Trotz Rauchverbot paffen sie fröhlich vor sich hin.  Interessiert sie denn die Gesundheit ihrer Mitmenschen genauso wenig, wie ihre eigene?  Das haben sich die Macher dieser Thailändischen Stop-Smoking-Kampagne auch gefragt:


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Ogilvy & Mater stehen hinter diesem viralen Hit, einer Kampagne für das Thailändische Gesundheitsministerium. Die Idee orientiert sich an den beiden wichtigesten Eigenschaften der Zielgruppen. 1. In Thailand wird die ältere Generation stark als Vorbild der jüngeren empfunden. 2. Raucher sind immun gegen Abschreckung von Außenstehenden, für sie gilt nur ihre eigene Überzeugung - dass sie nämlich die Sache im Griff haben.

Kampagnenziel: Die staatliche Telefonhotline für Aussteiger sollte unterstützt werden, und dies ist dann auch gelungen: 40% mehr Anrufen nach der Kampagne, Sehr hohe Social-Media & Medienpräsenz, der Clip erhielt zahlreiche Preise (Bronze Cannes Lions, Gold bei Spikes Asia 2014) und gilt als bester Anti-Smoking-Spot überhaupt, so tönte es von Bloggern landauf landab (z.B. hier) . Und das bei Produktionskonsten von grad mal 5.000 USD. Hier der Caser-Study Film der Agentur  über die Kampagne:

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Die Kehrseite der Medaille: 


Es ist leider nicht alles Gold, was glänzt. Ja, ein toller Spot, zielgruppenspezifisch, die Idee basiert auf der richtigen Psychologie, die auch Suchtberatungen verwenden. Man kann es kaum besser machen. Und für sooo wenig Geld, diese Agentur ist echt engagiert...

ABER....

Wovon lebt die Agentur denn sonst und warum macht sie das? Hmmmm...

Zum Geld: Einmal hat Ogilvy & Mater viele kommerzielle Kunden - darunter auch BAT, eine Tabakfirma, die insbesondere in Indonesien Geld macht, dem fünftgrößten Tabakmarkt der Welt. Äh, wie bitte? Ja, genau. Ogilvy & Mater hat eine lange Liaison mit der Tabakindustrie, die gruselig zu lesen ist (Tobacotactics vom UK Cancer Research Institute), wenn sie z.B. mit verdeckten Taktiken in den 80ern öffentliche Bedenken gegen Rauchen zu zerstreuen versuchten. Tabakfirmen sind bis heute ihre Kunden - und das sicher nicht für nur 5.000 USD. Die Agentur buttert ihre Brote offenbar von beiden Seiten.

Zur Motivation: Ogilvy & Mater ist 2013 umsatzmäßig Nr 6 unter den Werbeagenturen und was ihr qualitatives und kreatives Ranking angeht, ist sie sogar Nr 4. laut Forbes 2012. Warum diese hohe Reputation? Tja - vor allem wegen der Preise z.B. bei den Cannes Lions!!! Die macht man nun nicht mit Tabakspots....Ahhhh - das erklärt doch einiges.

Ist ja auch nicht verboten, mehr oder weniger pro Bono zu arbeiten, wenn man dafür postives Ranking erhält. So sehen viele Sponsoring-Beziehungen zwischen NGOs und Wirtschaft heute ja aus, und an sich ist das ok, wenn die Compliance stimmt. Hier tut sie das sicher nicht!
Eine Brauerei kann ja wohl auch schlecht eine Entzugsklinik sponsorn, und der Tabakindustrie ist es in UK schlichtweg verboten, Sportvereine zu sponsorn. Mit gutem Grund.

Was senkt Tabak-Konsum wirklich?


Eine Kampagne bewirkt - leider - sehr wenig, so gut sie auch gemacht ist. Eine Schwalbe macht keinen Sommer. Anders als es der Case Study Film von O&M suggeriert, helfen gegen Rauchen vor allem die permanenten und abgestimmten Maßnahmen von staatlicher Seite, so eine Untersuchung der WHO von 2013 laut Apo in 41 Ländern. Zu diesen Maßnahmen gehören neben Hilfsangeboten wie dieser Hotline in Thailand auch:

  • Präventivmaßnahmen
  • Warnung vor den Gefahren des Tabakkonsums (für die Noch-Nicht-Raucher)
  • Verbote für Tabakwerbung, -promotion und -sponsoring, also, das, womit Ogilvy & Mater sonst so Geld verdienen, wenn sie nicht grade Greenwashing in Thailand betreiben.
  • Schutz der Bevölkerung vor Tabakrauch 
Trotz allem: Die Kampagne von O&M war gut, trotz dieser Ambivalenz, die eben auch im NonProfit Bereich immer wieder zu finden ist.
Ha, vielleicht pack ich die Wasserspritzpistole doch ein. Das wäre ja eine von der WHO legitimierte Maßnahme, oder? - Manchmal möchte man einfach nur schreien (so wie hier).
Damit Euch einen schönen Montag. 

 

(Plakate via Klonblog)




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