Mittwoch, 22. Februar 2017

Jeder dritte Schüler ist Opfer!


Video der Woche

Seit Ende Oktober 2016 ist dieses Video zum Thema Mobbing online. Am ersten Tag 1.5 Millionen Klicks, inzwischen fast 14 Millionen nur auf Youtube. Es ist unter den Social Experiments eine seltene Ausnahme. Das ist einer der Gründe, weitere gibt es, nachdem Ihr es angesehen habt:

Auf Youtube ansehen

Ich bin ja kein Fan von Social Experiments als Videoformat für NonProfit Organisationen. Der Grund ist mein Menschenverständnis. Fast alle diese Experimente beziehen ihre Faszination aus der Bloßstellung anderer. Das halte ich für nicht vereinbar mit dem Selbstverständnis von NonProfits.

Aber hier ist es anders, Hier werden Helden gezeigt. Echte Helden des Alltags. Das ist sehr rar - und der Kommentarbereich bleibt daher auch weitgehend verschont von den sonst üblichen Online-Trollereien und Hate-Postings.

Leider gibt es noch einen zweiten sehr traurigen Grund für den Erfolg: Die Relevanz. Jeder fünfte bist jeder dritte Schüler ist heute Mobbing-Opfer, zumindest sporadisch (Studie von 2009 / Studie von 2015). Damit ist es ein extrem relevantes Thema.

Das Video rührt zu Tränen, wenn die Helden eingreifen - und das Ende rührt an unser Selbstverständnis, wenn wir eingeladen werden, selber diese Helden zu sein. Wer wollte das nicht? Grund No 3 für den Erfolg des Videos. Es ist derart teilenswert, dass es seine Reise durch die Social Medias schon nach wenigen Stunden angetreten hat.

Tipps für NonProfits


  1. Social Experiments sind hochgradig viraler Stoff - mache Youtuber leben von nichts anderem - von daher durchaus gut geeignet für Online Kampagnen. Auch unser erstes ZUKAR-Video mit dem Umarmungs-Experiment auf dem Alexanderplatz in Berlin hat u.a. aus diesem Grund so gut funktioniert
  2. Sie sind vergleichsweise günstig zu produzieren. Eine kleine Kamera ist hier ausreichend, jedoch sind GUTE MIKROS / Funkmikros absolute Pflicht.
  3. Sie müssen extrem sorgfältig geplant und durchgeführt werden - auch was Rechte angeht - niemand darf ohne (nachträgliche) Einwilligung gezeigt werden, das kann rechtlich und image-mäßig übelste Folgen haben. 
  4. Auch die Sicherheit der Beteiligten muss jederzeit gewährleistet sein. Es gab schon Leute, die aus Jux einen Rucksack fallen ließen, "Alahu Akbar" riefen, um Leute zu erschrecken, und dann von eben diesen Leuten einen Bauchschuss kassierten (Quelle). 
  5. Wem es gelingt, damit Helden zu finden, hat in meinen Augen gleichzeitig das golden Ei gefunden. 

Sonntag, 5. Februar 2017

Warum war das Video ein viraler Erfolg?


Video der Woche

Vor ein paar Tagen haben wir ein dänisches Video auf Deutsch übersetzt (mit Erlaubnis von TV2). Und damit einen viralen Hit gelandet - 9 Millionen Zuschauer auf FB - 20 Millionen mal wurde der Post angeklickt - 9 Übersetzungen von Fans dazu angefertigt - das Video verbreitet sich gerade in ganz Europa. WARUM?

Auf Youtube ansehen (50K)
Auf Facebook ansehen (9 Millionen)

Zunächst einmal: So etwas kann man nicht planen. Aber dennoch hier eine kleine Analyse zu dem rasanten Erfolg. Denn es gibt bei vielen viralen Hits wiederkehrende Elemente

1. Aktuell

Worüber alle gerade sprechen, hat gute Chancen. Also, was  allen Sorgen bereitet. Aufregerthemen der Gegenwart. Das ist natürlich banal, das wissen wir, das weiß auch die Bild-Zeitung. Jedoch hier kommt das Fein-Tuning: Nicht die Tages-News sind wichtig, sondern die Grundstimmung. Und derzeit erleben wir, wie unsere Gesellschaft auseinanderbricht. Deutschlandweit. Europaweit. Weltweit. An Bruchlinien, die in dem Video angesprochen werden. Die einen haben Angst vor Fremden, die anderen haben Angst vor den Brandstiftern. Das ist das Thema No 1 bei uns, das fast jeden derzeit bewegt. Wir haben selber oft Freunde verloren, neue Feinde gefunden, haben darüber gestritten und die Medien sind voll davon. Das alleine reicht natürlich nicht.

2. Mehrwert

Virals Hits haben allesamt einen enormen Mehrwert, höher als andere Videos, sie sind nicht witzig, sie sind zum totlachen witzig. Oder nicht emotional, sondern sie rühren zu Tränen. Sie sagen uns etwas neues, was uns wirklich so noch nicht klar war. Oder haben einen extrem guten Tipp. Das Video hier hat ALLES. Es ist eine Anleitung zum richtigen Umgang mit der Krise. Damit ist es ein Tutorial. Wir lachen bei "Sex in der letzten Woche", wir lernen etwas über unsere eigene Wahrnehumg, wir sind sehr gerührt über die Menschen hier, die ehrlich und mutig und selber berührt sind. Und der Tipp ist so wahr wie simpel: Gemeinsamkeiten suchen. 

3. Simpel

Virale Hits haben alle eine dritte große Gemeinsamkeit: Sie sind so simpel und leicht verständlich, dass auch das kleinste Nachtschattengewächs sie noch verstehen kann. Gerade in der Einfachheit liegt oft eine große Weisheit und Tiefe. Jeder Autor weiß, dass es viel schwerer ist, einen guten Einzeiler zu schreiben, als eine lange Rede. Das aber in der Kürze nun mal die Würze liegt. Hier im Video wird mit wenigen Sätzen eine tiefe Wahrheit sichtbar gemacht - durch die Visualisierung mehr als durch die Worte.

Was noch?

Es gäbe noch mehr zu sagen - das z.B. die Protagonisten so ziemlich jeden Typ der Gesellschaft darstellen, wir uns also alle darin irgendwo wiederfinden, vom Schüler bis zum Rentner, von der Krankenschwester bis zum Bodybuilder. 
Oder ich könnte auf die Dramaturgie hinweisen: Das Video beginnt mit uns und unseren Ängsten, führt über viele kleine Aha-Erlebnisse hin zu einem Witz, direkt gefolgt von einem sehr ernsten Moment, was das klassische Erfolgsrezept guter Clowns ist. Bis dann am Ende aus den getrennten Feldern ein WIR entsteht und alles zusammenstehen. Das ist der Moment, wo man am liebsten heulen möchte, denn danach sehnen wir uns ja doch alle - nach Frieden, nach Gemeinschaft. 

Aber am Ende bleibt jeder virale Hit doch ein Mysterium. 

Facebook vs Youtube

Nur eines noch: Das Video hat über Youtube bei weitem nicht eine derartige Verbreitung gefunden - gerade mal 50.000 - und hätte sie auch nicht mehr finden können. Es war ein Facebook-Hit. 200.000 Menschen haben im Kommentar auf Facebook ihre Freunde getaggt und das hat die virale Verbreitung ermöglicht. Auf Youtube ist das technisch so gar nicht vorgesehen, dazu braucht man ein paar Klicks mehr und das ist der entscheidende Unterschied. Der Wettlauf ist längst entschieden, seit Facebook Videofunktion anbietet: Youtube ist hier im Nachteil und Facebook ist THE PLACE TO BE.

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