Montag, 30. März 2015

Teilenswert im Fahrstuhl


Video der Woche

2 Videos!
Beide setzen auf Humor. Beide spielen im Fahrstuhl.
Eines hat Celebrities zum Abwinken. Und nur eines ist ein viraler Erfolg.
Ratet mal, welches...

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Hier die Fakten:
Video 01 (mit Zac Ephron...ZAAAC!): 1 Millionen Zuschauer
Video 02 (mit Eric Pumphrey...äh...Eric wer?): 8 Millionen Zuschauer.

Noch spannender sind die Statistiken, oben Video 01, unten Video 02



 1 Millionen Zuschauer gelten in den USA als magische Grenze für virale Videos (No 1 wird z.B. hier bedenkenlos "viral" genannt) aber nur der zweite Graph vom "Aufzug-Buh" ist auch wirklich ein viraler Hit. Und dabei spielen nicht die Zuschauerzahlen eine Rolle, sondern wie sie entstanden sind. Denn nur das zweite Video wurde viral verbreitet - also über Ansteckung, durch permanentes Teilen. Das ergibt einen stetig wachsenden Graphen. Der Erfolg des ersten Videos der Krebsforschungs-NGO "SU2C"  hingegen wurde zu einem bestimmten Zeitpunkt "gekauft" - und zwar ganz einfach über TV-Werbung in den Mediennetzwerken und TV-Sendern im Vorfeld der entsprechenden SU2C-Show, sie stehen als "Partner" ab Sek 00:59, und es sind keine kleinen Namen:
 (wer Video-Statistiken liebt: Im letzten Post "Aliens sind erfolgreicher" gibt es noch mehr Analysen) 

Das erste Video hat so gut wie KEIN virales Potential, ist also nicht mal ein "Teil"-Erfolg - Hohoho, ein Wortspiel. Sorry. Weiter - Video 01 hat keine virale Verbreitung erlangt, und das OBWOHL es zwei der wichtigsten Quotenbringer hat: Humor (Sharing-Grund No 1 laut allen Statistiken, die ich kenne), und Celebrities...und was für welche! Ist schon fast eine Schande, wie schlecht ein solches Video nach dem Push am Anfang dann lief. Echt peinlich.
Das zweite Video (mit Thema Rassismus) hat dieses viral Potential aber ganz eindeutig.


Was haben sie, was wir nicht haben?

...fragen sich die Macher von Video No 1. Hier die Antworten in einer der ach so beliebten Listen.

1. Grenzüberschreitung. 
Ein Wort wie "dumb Bitch" am Ende von Video 01 (das bedeutet "dumme Nutte") hätte es sicher nicht durch das Vorstandsgremium einer NGO geschafft, Anstandswächter und Humorbremse No 1 bei fast allen NonProfits. Ebenso wenig durch die Redaktion einer amerikanischen TV-Sendeanstalt. Aber so etwas ist das Salz in der Suppe, es macht das Video authentisch für Online-Verbreitung, denn ALLE Amerikaner benutzen dieses Wort o.ä. im Netz. Ok, manche sind zu gut erzogen...und denken es sich dann eben nur. Auch in NPOs...;-)
Ich sage NICHT, dass Ihr mit unflätigen Worten mehr Spender bekommt. Ich erkläre nur Zuschauerverhalten....

2. Dramaturgische Wende & Spannung
Der Kick beim "Buh" ist eine hervorragende Wende. Und damit ein enormer Verstärker der Story, in dem Fall sag ich sogar: Er macht die Quote aus. Wer das mal grafisch sehen will - im letzen Post "Hunde des Krieges" kann man sehen, was in der Sekunde der Überraschung bei der Zuschauergunst passiert. In Video 02 ist die Wende zwar auch irgendwie vorhanden (aha - 2 von 1 bekommen Krebs, das ist ja der Hammer), aber weder wurde sie mit einer Steigerung aufgebaut, noch wurde eine "Vor-Ahnung" verwendet - im Fahrstuhl von Video 02 knistert es immer mehr, weil man sich fragt: Was wird er nun tun? Er droht ja sogar einen Überfall an. Passiert der jetzt? Oder jetzt?..Aber jetzt! Buh!

3. Authentizität
Der Comedien in Video 02 ist sein eigenes lebendes Beispiel zum Thema Rassismus. Er IST Betroffener. Die Celebrities in Video 01 sind das nicht. Sie kommen lange nicht so authentisch rüber, selbst wenn sie mit hochernstem Blick in die Kamera starren. Ja, ich mag Zac Ephron...aber es ist eben doch Schauspiel. Hätte er auf seinem Blog berichtet, sein Vater wäre an Krebs gestorben...hätte dann eine echte Träne in den Augen gehabt - und seitdem unterstützt er SU2C - das Video hätte bei seinen Fans sicher in 10 Minuten die Millionenmarke geknackt und hätte Video 02 in wenigen Wochen hinter sich gelassen (So geschehen, als die Boygroup One Direction in Ghana zum RedNose day eingeladen wurde - und die Jungs tatsächlich einen emotionalen Breakdown hatten, und auch dazu standen - z.B. hier). 
Wir wissen einfach, dass Zac Ephron nicht von sich aus diesen Clip gemacht hat. Er wurde gefragt. Steht sicher hinter der Sache - wer würde auch dagegen sein? - aber es ist auch nicht sein Herzensding jetzt. 
Eric dagegen...äh, wie hieß er noch mal...also, der hat dieses Video in seiner Comed-Webshow Recless Tortuga gemacht, WEIL ER WÜTEND ÜBER RASSISMUS IST! Zumindest kommt es so rüber. Die Emotion ist echt!

4. Einzigartigkeit
Ein Video wie das 01er, mit einer LineUp von Stars, einem Aha-Effekt und einem ernsten Aufruf am Ende - ganz ehrlich: Davon gibt's inzwischen doch Hunderte! Das Format hat sich abgenutzt. Das Video 02 ist eine Story, zu der mir wenige Paralellen einfallen.  Es ist neu, singulär und man kann es getrost seinen Freunden zeigen (also denen, die einen bei "dumb bitch" nicht gleich den Rücken kehren), wissend, dass sie nicht von Anfang an gleich denken: "Noch so eines!" - wir brauchen nicht noch eine IceBucket Challenge und der Gangnam-Style ist auch langsam wieder out (Außer es ist Inspiration und nicht Kopie - siehe Terroristen Kuscheln, ganz unten)

5. Herz triumphiert über Hirn
Die Story in Video 01 zielt auf den eigenen Aha-Effekt, und der funktioniert auch. Wir erkennen: BOAH, wir sind direkt betroffen, und soooo viele von uns - jeder zweite. Ok, gut. Aber vermittelt wird dies nicht über Emotionen, sondern lediglich über Zahlen, die wir intellektuell begreifen müssen (ganz ehrlich: Zahlen sind NICHT sexy, egal welche). 
Ja, es gibt lustige Situationen, aber nur, um die Zahlen zu illustrieren - der Humor ist hier nur Steigbügelhalter für eine intellektuelle Erkenntnis. 
Das jedoch kann niemals so attraktiv sein wie im Video 02, wo es umgekehrt läuft. Es gibt zwar auch eine statistische Zahl (Alle 45 Sekunden...), aber hier geht's vor allem um Emotionen, die wir miterleben dürfen: Beschämung, Zorn, Ekel, Wut, Angst, Agression, Schadenfreude, und alles das. Gefühle, die im Bild als Story daherkommen und uns mitnehmen. Die Frau im Fahrstuhl hat Angst, der farbige Comedien hat Wut usw. Und das wird uns auch wirklich im Bild erzählt, nicht nur "darüber" gesprochen. Darum und nur darum alleine haben Dokumentarfilme im Kino so viel schlechtere Karten (1:100, ich sagt es schon mal) als Unterhaltungsfilme. 

FAZIT: 

Nur echtes Gold geht auch viral. Aber es ist eben nicht alles Gold, was glänzt!



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